Gründung

Athen war 1836 noch ein Dorf, das Stadt genannt werden wollte. Griechen kamen von überall hierher, brachten frisches Blut und trugen zur schnellen Entwicklung der Stadt bei. Diese Entwicklung war für die Altertümer unheilvoll. Es wurden Straßen angelegt, Häuser errichtet, die herrenlosen antiken Ruinen dienten der Beschaffung von Baumaterial und Kyriakos Pittakis musste sich darauf beschränken, die beweglichen Altertümer, die bei jeglichen Ausschachtungen der neuen, sich in alle Himmelsrichtungen ausbreitenden Bewohner zu Tage traten, soweit er es vermochte zu retten.

In diesem Athen kommt im Dezember 1836 ein griechischer Reisender aus Wien an, Baron Konstantinos Bellios, der reich und gebildet ist, mit Pittakis in Verbindung steht und in dessen Begleitung die Akropolis und die übrigen Monumente der Stadt besucht. Als er deren Zustand und die Notwendigkeit von Ausgrabungen und des Schutzes der Altertümer wahrnahm, beschloss er nach Gesprächen mit Pittakis eine Gesellschaft für Ausgrabungen und Entdeckungen von Altertümern zu gründen. Seine Idee teilte er dem Erziehungsminister Iakovakis Rizos Neroulos und dem Abteilungsleiter im Erziehungsministerium Alexandros Rizos Rangavis mit, die sie aufgriffen. Rangavis verfasste das Gründungsdokument der Gesellschaft, die Archäologische Gesellschaft genannt wurde, und machte sich am 6. Januar 1837, am Epiphaniastag nach dem alten Kalender, mit Pittakis auf den Weg, Bellios zu treffen. Dieser beschrieb in seinem Tagebuch das Zusammentreffen und die Unterzeichnung der Gründungsurkunde der Archäologischen Gesellschaft:

«18. Januar, Mittwoch. Heute gegen 12 Uhr kam Herr Alexandros Rangavis zusammen mit Herrn Pittakis zu mir und brachte die erstellten Dokumente über Ausgrabung und Entdeckung von Altertümern, d. h. für die Gründung einer neuen Gesellschaft. Nach Unterzeichnung mit meinem Namen, dem Namen meines Neffen Alexandros Bellios und dem Namen meines Freundes Zenovios Pop, gingen wir hinaus, um uns bei oben genanntem Panajotakis Soutsos einzufinden, damit auch er unterschreibe und wir ihm gleichzeitig einen Besuch abstatteten. Unterwegs trafen wir auf Herrn Gropius, den österreichischen Konsul, der auf dem Weg war, mich zu besuchen, sowie auch auf Nikolaos Georgiou Theocharis, und auf mein Betreiben hin unterschrieben sie ebenfalls als Mitglieder der Gesellschaft».

Der Zustand der Altertümer in Athen im Jahre 1836, der Mangel staatlicher Mittel für ihren Erhalt und Schutz, die Tatsache, dass die klassische griechische Welt das Fundament bildete, auf das sich die Ideologie des neuen Staates und seiner gelehrten Menschen gründete, führte damals zur Gründung der Archäologischen Gesellschaft. Konstantinos Bellios' Besuch in Athen und seine Bekanntschaft mit Pittakis bildeten den Anlass für diese bedeutende kulturelle Handlung.

Die erste Organisation

Die erste Organisation der Archäologischen Gesellschaft gibt die damalige Situation der Archäologie wieder. Das erste und bedeutende Werk sind das Vorantreiben der Ausgrabungen, der Wiederaufrichtungen und Ergänzungen der antiken Monumente in der Absicht, die Wissenschaft zu bereichern. In diesem Bestreben unterstützt die Archäologische Gesellschaft den Staat, der allein nicht über die notwendigen Mittel verfügt. Ihr erstes Ziel, wie auch das anderer gemeinnütziger Körperschaften im 19. Jh., war also die Stärkung der nicht ausreichenden staatlichen Bemühung. Die Einschreibung in die Archäologische Gesellschaft war frei, und die einzige Verpflichtung eines jeden Mitglieds bestand in der Zahlung des Jahresbeitrags, dessen Untergrenze 15 Drachmen betrug, ein nicht unbedeutender Betrag, da er dem Monatslohn des ersten Amtsdieners der Archäologischen Gesellschaft entsprach, der jedoch nicht vollbeschäftigt war. Die Archäologische Gesellschaft akzeptierte Spenden in Form von Geld und/oder archäologischen Büchern und nahm renommierte ausländische Wissenschaftler als korrespondierende Mitglieder auf, die keinen Beitrag zahlten. Die Jahresversammlung der Mitglieder zur Wahl des Präsidiums und der Ephorie erfolgte am Jahrestag der Gründung im Parthenon. Alle Arbeiten, die beschlossen wurden, Ausgrabungen oder Wiederaufrichtungen, sollten in Zusammenarbeit mit dem Kurator des Zentralen Museums, ein Titel, den der damalige Vorsteher der Antikendienstes trug, erfolgen. Die Altertümer, die bei den Forschungen und Arbeiten der Archäologischen Gesellschaft gefunden werden, sollten Eigentum des Staates sein, und in den staatlichen Katalogen sollte eingetragen werden, dass sie «auf Kosten der Archäologischen Gesellschaft» gefunden wurden. Die wissenschaftlichen Vorhaben der neuen Archäologischen Gesellschaft waren nicht umfangreich. Sie überließ die Publikation der Funde der jungen und kurzlebigen Antikenkommission, von der 1837 die Archeologike Ephemeris herausgegeben wurde.

Versammlung auf der Akropolis

Die Gründung der Archäologischen Gesellschaft wurde bald durch den Parlamentsbeschluss vom 15./27. Januar 1837 und der ersten Mitgliederversammlung, die auf der Akropolis am 28. April 1837 stattfand, bestätigt. Bellios war bereits aus Griechenland abgereist, und von den 66 Gründungsmitgliedern waren bei der Versammlung gerade 24 anwesend, die den ersten Verwaltungsrat wählten, die Ephorie. Präsident der Versammlung war der Erziehungsminister Iakovos Rizos Neroulos. Alexandros Rizos Rangavis sprach mit Begeisterung von den zukünftigen Werken der Archäologischen Gesellschaft, von den Ausgrabungen und den Wiederaufrichtungen, die stattfinden würden, und betonte, dass die Wissenschaftler Europas ihren Blick auf sie gerichtet hätten, von denen sie neues wissenschaftliches Material für ihre Studien erwarteten. Als Präsident wurde Iak. Rizos Neroulos gewählt, als Vizepräsident Ioannis Kokkonis, als Sekretär Alex. Rizos Rangavis, als Kassenführer A. Kompatis und als Mitglieder der Ephorie Kyriakos Pittakis, G. C. Gropius, P. Epitis und D. Photilas. Als stellvertretende Mitglieder wurden G. Ainian und Iak. Rizos Rangavis, der Vater des Alexandros, gewählt. Alle gehörten zur gesellschaftlichen Oberschicht der neuen Hauptstadt, Phanarioten-Mitglieder der Regierung oder der Verwaltung, der Banken- oder Wissenschaftswelt und Teilnehmer des Freiheitskampfes. Gropius war Konsul Österreichs und hatte sich intensiv mit den antiken Monumenten befasst.